«Sie sagen, ich soll sterben. Sie sagen, ich hätte Männern den Atem gestohlen und jetzt müssten sie mir den meinen stehlen.» Obwohl ich wegen des Covers, welches mir ins Auge gestochen ist, zu «Das Seelenhaus» gegriffen habe, haben mich auch die ersten Sätze des Buches gleich gepackt.
Hannah Kent: Das Seelenhaus
Die Lebensgeschichte von Agnes Magnúsdóttir führt die Leser zurück nach Island im Jahr 1828.
Ein Buch für Fans von historischen Romanen. (Foto: Rosmarie Stalder)
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Das Buch handelt von Agnes Magnúsdóttir, einer verurteilten Mörderin in Island 1828. Sie verbringt ihre letzten Tage als Magd auf dem Bauernhof einer Familie, wo sie auf ihre Hinrichtung wartet. Die Familie ist entsetzt eine Mörderin beherbergen zu müssen und begegnet ihr zu Beginn mit Abneigung und Misstrauen.
Was geschah in der Mordnacht?
Agnes hat Anrecht auf priesterlichen Beistand, der von Vikar Tóti geleistet wird. Er soll die vermeintlich Schuldige auf den Pfad Gottes zurückführen. Das Leben von Agnes vor ihrer Tat sowie der Tathergang selbst werden durch Vikar Tóti nach und nach aufgerollt, bis zu den Umständen, die zu dieser Mordnacht geführt haben. Wider Willen wandelt sich die Ablehnung der Bauernfamilie gegenüber der Verurteilten zusehends in Mitleid, denn sie muss erkennen, dass die Frage der Schuld eine vielschichtige ist.
Der «reformiert.»-Adventskalender: 24 beste Bücher – eine persönliche Auswahl
Es ist zwar nur ein Haufen Papier, etwas Karton und Farbe – aber ein Buch kann es wahrlich in sich haben. Die Welten, die sich darin eröffnen, bewegen uns und unser Leben.
«reformiert.» präsentiert als Adventskalender 2022 jeden Tag bis zu Weihnachten ein persönliches Lieblingsbuch. Mitglieder der Redaktion und der Geschäftsstelle schreiben, warum sie gerade dieses ausgewählt haben, und verraten etwas zum Inhalt.
An diesem Buch gefällt mir der historische Hintergrund besonders gut. In dieser Zeit auf Island zu leben war unglaublich hart. Die Winter waren eiskalt, die Nahrung war oft knapp und Armut allgegenwärtig. Dass tatsächlich zum Tode Verurteilte in Island zu dieser Zeit in normalen Haushalten aufgenommen wurden und Agnes Existenz und Verurteilung ebenfalls geschichtlich belegt sind, machte es für mich umso spannender dieses Buch zu lesen.
Zunehmend bringt man als Leserin mehr Verständnis für diese junge, intelligente Frau auf, der das Schicksal übel mitgespielt hat. Der Schreibstil von Hannah Kent ist klar und schnörkellos, was perfekt zu der düsteren und bedrückenden Geschichte, der damaligen Zeit und dem rauen Leben in Island passt.
Literaturhinweis
Hannah Kent: Das Seelenhaus, 382 Seiten, Droemer.