Es ist ein altes Stück Weltliteratur, das immer wieder Neuauflagen erfährt: der 1701 erstmals gedruckte Reisebericht «Auf schmalen Pfaden durchs Hinterland» des japanischen Dichters Matsuo Basho (1644–1694). Basho, ein bedeutender Vertreter der Haiku-Versform, unternahm 1689 zusammen mit einem Gefährten eine 156-tägige Reise zu Fuss durch die japanische Hauptinsel Honshu.
Matsuo Basho: Auf schmalen Pfaden durchs Hinterland
Mit dem japanischen Dichter Matsuo Basho zu Fuss unterwegs durch das alte Japan: ein Lesegenuss der meditativen Art.
Bericht einer meditativen Reise durch das alte Japan. (Foto: Hannes Herrmann)

Der «reformiert.»-Adventskalender: 24 beste Bücher – eine persönliche Auswahl
Es ist zwar nur ein Haufen Papier, etwas Karton und Farbe – aber ein Buch kann es wahrlich in sich haben. Die Welten, die sich darin eröffnen, bewegen uns und unser Leben.
«reformiert.» präsentiert als Adventskalender 2022 jeden Tag bis zu Weihnachten ein persönliches Lieblingsbuch. Mitglieder der Redaktion und der Geschäftsstelle schreiben, warum sie gerade dieses ausgewählt haben, und verraten etwas zum Inhalt.
Das daraus entstandene Werk lässt sich nicht mit dem Reisetagebuch irgendeines europäischen Literaten vergleichen. Ein Mensch des Westens hätte detailreich berichtet und sich bemüht, möglichst viel Spektakuläres einfliessen zu lassen. Der Japaner ging anders vor; seine verschriftlichte Dichterreise ist eine Art Meditation mit Blick auf das Wesentliche – wobei das, was er als wesentlich erachtet, oft genug überraschend ist.
Sanfter Tiefgang
Häufig ist es das Stille, Unspektakuläre, das Basho in seinen Zeilen würdigt. Etwa einen Bauern, der von ihm ein Haiku-Gedicht erbittet. Der Dichter, der aus niederem Adel stammt, zeigt sich von dieser Begegnung und dem Ansinnen des einfachen Mannes tief beeindruckt. Und in Tränen bricht er aus, als er die Ruinen einer alten Burg besucht und sich vergegenwärtigt, wie vergänglich auch der fürstlichste Glanz ist.
Wer in einen ruhigen Erzählfluss ohne Mord und Totschlag, ohne entfesselte menschliche Leidenschaften, ohne Irrungen und Wirrungen der Weltpolitik eintauchen möchte, wandelt auf Bashos «schmalen Pfaden» gerade richtig: Die Lektüre ist Seelenmassage mit sanftem Tiefgang.
Literaturangaben
Matsuo Basho: Auf schmalen Pfaden durchs Hinterland. Erstveröffentlichung 1694, Erstdruck 1702. Aktuelle Ausgabe: Handbibliothek Dietrich, 2021