An einem stürmischen Nachmittag löste Bigna die «Entsorgungsstelle für liegengebliebene, doppelte und ungeliebte Geschenke» auf. Das Kind stellte sich ans geöffnete Fenster und schrie gegen den Wind an: «Alles muss weg.» Für das Übrige stand draussen eine kleine Mulde parat.
Und das halbe Dorf kam. Not, der pensionierte Bauer, ergatterte eine Angelrute ohne Haken, Blei und Blinker und meinte, er wolle sowieso nur die Fische im Rom füttern. Jon, der alte Schreiner, fand bei Bigna unter Begeisterungsschreien ein Regalbrett aus Teakholz wieder, das seine Frau entsorgt hatte. Nora, eine von Bignas Grosstanten, erstand den Ladentisch, obwohl sie keinen Platz hatte, aber sie wollte Bigna so gern etwas abkaufen, und ein Tisch, fand sie, sei dazu da, dass Menschen an ihm sitzen, nicht, dass man ihn wegwirft. Für Cilgia, unsere Jüngste, hatte Bigna einen Kreisel zur Seite gelegt, in dem zu Musik eine kleine Eisenbahn fuhr, und als Cilgia ihn verschmähte, drückte Bigna ihr zusätzlich zehn Franken in die Hand und sagte: «Für jedes Mal Spielen einen Franken, und wenn du ihn danach immer noch nicht magst, darfst du ihn wegwerfen.»
Zuletzt halfen alle, die Mulde zu füllen, dabei wurden nochmals einige Stücke gerettet. Ich erbarmte mich einer zwanzigbändigen Ausgabe von «Tausendundeine Nacht», Renata schleppte eine unrettbar kaputte, doch sehr schöne Küchenmaschine ab, um sie vielleicht als Türstopper zu benutzen. «Wie schön, dass all die Sachen jetzt doch noch von jemandem geliebt werden», sagte Bigna gerührt. «So hatte ich mir das gewünscht, als ich den Laden aufgemacht habe.»
Dann fielen die ersten, schweren Tropfen, und alles beeilte sich, halbwegs trocken heimzukommen. Ich blieb mit Bigna allein. Der Regen klatschte aufs Fensterbrett, durch die offene Tür drang der Duft von nassem Laub. «Ich bin richtig glücklich», sagte Bigna, «dabei bin ich nur ein paar alte Sachen losgeworden.» «Und ganz vielen Menschen hast du eine schöne Erinnerung geschenkt», sagte ich und wischte heimlich eine Träne weg. «Hier», sagte Bigna und rückte mir noch das Ladenschild in den Arm.
