Mein hellblaues Glückshormon

Ich höre nichts ausser den knirschenden Steinen unter den Reifen und meinem Atem. In gleichmässigem Tempo fahre ich den Waldweg hinauf, mein Blick schweift umher, ich nehme die umgestürzten Bäume wahr und stelle fest, wie kahl der Wald geworden ist. Auf einer Lichtung hält ein Reh inne. Wonnevoll radle ich durch eine Pfütze. 

Mein Mountainbike schenkt mir Momente reinen Wohlbefindens. Dieses genial konstruierte Fortbewegungsmittel trägt mich durch die Natur und die Jahreszeiten, lässt mich die Kraft meiner Beine spüren und meinen pulsierenden Kreislauf. In guten wie in schlechten Phasen ertrampele ich mir zuverlässig Endorphin-Highs, die jeglichen Stress verdrängen und mich bisweilen die Zeit vergessen lassen. 

Das knallige Stahlross symbolisiert zudem eine besondere Geschichte. Ich verdanke es einem Mann, der einst aus Afghanistan flüchtete und den ich in seinen ersten Jahren hierzulande begleitete. 

Ali schloss eine Lehre als Velomechaniker ab und brachte mir während des Lockdowns das Biken über Wurzeln und steinigen Untergrund bei. Im Internet suchte er ein Second Hand Bike für mich und gemeinsam fuhren wir quer durch die Schweiz, um es abzuholen. 

Er lernte von mir, dann ich von ihm

Während der Probefahrt spürte ich doppelte Freude. Einerseits spürte ich: Das ist mein Bike. Andererseits wurde mir die stille Umkehr der Rollen bewusst. Früher lernte er von mir. Dann ich von ihm. Und nun führte er mich souverän durch den Kauf. Er verhalf mir zu einem meiner kostbarsten Schätze.