Der beste Bär der Welt

Advent 2025

Als 4-jähriges Mädchen hat Redaktorin Mirjam Messerli den Plüschbären von ihrer Grossmutter geschenkt bekommen. Seither hat «Bärli» seinen Stammplatz auf dem Bett.

Als wir uns zum ersten Mal begegnet sind, waren wir beide deutlich jünger. Ich war ein vierjähriges Mädchen, er ein nigelnagelneuer Plüschbär. Meine Grossmutter brachte ihn mir mit – woher und zu welchem Anlass, weiss ich nicht mehr. Ich glaube mich zu erinnern, dass ich im Wohnzimmer auf dem Teppich sass, vor einer dunkelbraunen Wohnwand, als mir Grossmueti den Bären schenkte. Seit diesem Moment begleitet mich «Bärli» durchs Leben.

«Bärli» schlief immer in meinem Bett. Weil ich ihn als Kopfkissen nutzte, wurde er im Laufe der Jahre flacher und flacher. Als Kind sabberte ich im Schlaf in sein Fell. Waschen durfte ihn meine Mutter auf keinen Fall, weil er dann nicht mehr wie ein Bär gerochen hätte. Die Bärennase zeigt heute leicht nach rechts. Mein Kopf formte in unserer langjährigen Beziehung eine Kuhle in seinen Kopf. «Bärli» begleitete mich in die Ferien, in die Landschulwoche, in Skilager. Er zog mit mir in meine erste eigene Wohnung und in jede weitere.

Dieser Bär musste sich unzählige Ängste und Sorgen anhören. Es flossen literweise Tränen in seinen Pelz.

Dieser Bär musste sich unzählige Ängste und Sorgen anhören. Es flossen literweise Tränen in seinen Pelz. Ich erzählte ihm aber auch, wenn in meinem Leben etwas besonders Schönes passiert war. Wenn ich glücklich war. Ich fragte ihn um Rat. Er ist ein guter Zuhörer und kann schweigen.

Inzwischen bin ich 51 Jahre alt. Nachts werde ich aber manchmal wieder zum 4-jährigen Mädchen und bette meinen Kopf auf «Bärli», der noch immer auf meinem Bett seinen Stammplatz hat. Wenn mich etwas beschäftigt oder mir Sorgen macht, führe ich nach wie vor stumme Zwiegespräche mit ihm.

Wir sind beide älter geworden. Wenn ich den Bären heute als Kopfkissen benütze, tut mir mitten in der Nacht der Nacken weh oder schläft mein Arm ein. Ich frage mich dann, wie ich als Kind so schlafen konnte. Ausserdem muss ich meinem Mann recht geben, der findet, der Bär rieche nicht gerade nach Lenor Frühlingsfrische. Das wiederum mögen meine beiden Kater, die manchmal verzückt am Plüschtier schnuppern oder sich darauflegen.

Ja, Bärli und ich werden beide nicht jünger und auch nicht mehr schöner.

Auch «Bärli» ist nicht mehr der Jüngste. Er trägt inzwischen eine Mütze, weil oben auf dem Kopf etwas Füllung aus seinem Inneren quillt. Nähen kann man die Wunde leider nicht, weil das Fell rundherum altersbedingt sehr spröde geworden ist. Ein Bären-Arm muss mit einer Manschette geschützt werden, die meine Mutter extra gestrickt hat. Das Body, das «Bärli» seit Jahren trägt, hat Löcher. Leider habe ich bisher kein anderes gefunden, das ihm so gut passt.

Ja, «Bärli» und ich werden beide nicht jünger und auch nicht mehr schöner. Aber wir werden den Weg weiterhin gemeinsam gehen. Würde das Haus brennen oder müsste ich flüchten, wäre dieses Plüschtier einer der wenigen Gegenstände, die ich nicht zurücklassen könnte. Ich bin sicher, dass «Bärli» dereinst auf meinem Bett im Altersheim sitzen wird. Und ich hoffe, dass er mich am Ende bis ins Grab begleitet.

Adventskalender 2025: Unsere liebsten Dinge

Wir alle haben das wohl: Dinge mit Geschichte und Geschichten.

Gegenstände, die einem ganz persönlich wichtig und wertvoll sind, auch ohne materiellen Wert. Und zu denen wir lustige, spannende, herzerwärmende, nachdenklich stimmende Geschichten erzählen können.

Solche Lieblinge präsentiert die Redaktion von «reformiert.» in diesem Dezember. Jeden Tag bis Heiligabend finden Sie die Beiträge hier auf der Website und auf Instagram.

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