Federico Fellini ist für Filmaffine ein schwergewichtiger Name. Doch wer den Regisseur noch nicht kennt, sollte sich «Amarcord» anschauen – und zwar im Kino, wenn er dereinst wieder irgendwo gezeigt werden sollte. Dann: gehen Sie hin! Denn es ist ein Film übers Füllhorn namens Leben.
Und «Amarcord» kann durchaus als Quintessenz von Fellinis filmischen Arbeit bezeichnet werden. Ein zärtlicher, komischer, aufrüttelnder, kritischer, berührender Film der Erinnerungen, der das Leben in seiner verrückt-schönen Vielfalt ehrt und zugleich Kritik übt an politischen Verfehlungen des früheren 20. Jahrhunderts.
Eintritt in eine poetische Realität
Wie ein Magier lässt einen der Regisseur in seine Welt eintreten. Von Beginn schwankt man zwischen dem erstaunten Betrachten einer poetischen Erzählung und dem Wiedererkennen eigener Erlebnisse in handfester Realität. Das hat einen guten Grund: Der Titel des Werks von 1973 bedeutet «Ich erinnere mich» – «A m’arcord» im Dialekt von Rimini. Und Federico Fellini erzählt mit dem opulenten Werk aus seiner Jugendzeit – den faschistischen 1930er Jahren – in seiner Heimtstadt an der Adria.
Wie es bei Erinnerungen oft vorkommt, hat auch der Film keine durchgehend stringente Handlung. Viel mehr entspannt sich ein Bilder- und Klangbogen, ein Kaleidoskop von Episoden im Leben der Hauptrolle, des 16-jährigen Titta. Es geht um die Frühlingsfeier auf der Piazza mit allen wichtigen Personen des Films; um die städtische Schönheit, die Schule, die Kirche, die Familie, die Arbeit des Vaters auf der Baustelle am Meer, einen vorbeiziehenden Ozeandampfer, das Erwachen der Sexualität, die Faschisten, Gesundsein und Krankheit, Tod und Hochzeit.
Karikaturen, wie sie leiben und leben
In der Konzentration all dieser Szenen wirkt so manches überdreht – wie nicht selten in Filmen Fellinis. Doch mit Blick ins eigene wirkliche Leben sind doch an allen Ecken und Enden immer wieder höchst erstaunliche und faszinierende Personen und Ereignisse zu finden, die bei näherem Betrachten fast wie Karikaturen erscheinen – oder?
Und falls nicht: Man kann «Amarcord» auch einfach so geniessen. Er hat übrigens diverse Preise gewonnen, u.a. einen Oscar als bester fremdsprachiger Film 1975.