Grosse Gesten und wenig Verbindlichkeit

Ökumene

Papst Franziskus besucht im Juni den Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf. Das Gremium hat die Aufmerksamkeit bitter nötig.

Am 21. Juni reist der Papst nach Genf. Zu verdanken hat die Calvinstadt den Besuch dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), dem 349 Kirchen angehören. Die Mehrheit der Orthodoxen ist dabei, dazu kommen anglikanische, baptistische, lutherische, methodistische und reformierte Kirchen. Für den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund sitzt Martin Hirzel im Zentralausschuss. Die Katholiken hingegen sind die grossen Abwesenden. Der ÖRK hat die Aufmerksamkeit, die der Besuch aus Rom mit sich bringt, dringend nötig.

Schlagzeilen gegen die Krise

«Der Ökumenische Rat steckt in der Krise», sagt Kirchenbundspräsident Gottfried Locher. Insbesondere die orthodoxen Kirchen suchen seit der Wende vermehrt bilaterale Abkommen mit Kirchen, die ihnen theologisch nahe stehen. Reformierte gehören da nicht dazu. Dass der Papst den ÖRK als Institution stärkt, sei «extrem wichtig», sagt Locher. 

Franz-Xaver Hiestand, katholischer Hochschulseelsorger und wie Franziskus Jesuit, vermutet, dass sich der Papst mit dem ökumenischen Konzept der versöhnten Verschiedenheit eigentlich anfreunden könnte. In der offiziellen Lesart des Vatikans aber sind die nicht katholischen Kirchen Abspaltungen, die in die Einheit Roms zurückgeführt werden müssen. «Diese Haltung entspringt eher einem Reflex als der Reflexion», kritisiert Hiestand.

Symbolpolitik und Kirchenlehre

Franziskus zeigt seine Offenheit nicht, indem er die Lehre verändert, sondern mit Gesten. Kontakte mit charismatischen und evangelischen Kirchen in seiner Heimat Argentinien hätten ihn geprägt, sagt Hiestand. Zudem unterhielten seine wichtigsten Förderer und Berater gute Beziehungen zu den Kirchen der Reformation. Dass der Papst in Genf aber mehr Verbindlichkeit für Fortschritte in der Ökumene schafft, erwartet Locher nicht. Auch Hiestand sagt, er arbeite «primär an der Atmosphäre».

Im besten Fall eröffnet die päpstliche Symbolpolitik, die zuweilen im Widerspruch zur Kirchenlehre steht, Interpretationsspielraum an der Basis und stösst irgenwann Reformen an. Im schlechten Fall stiftet sie nur Verwirrung.