Er war im Namen der Schwachen unterwegs

Kirche

Im Alter von 88 Jahren ist am Ostermontag Papst Franziskus gestorben. Er war ein Kirchenoberhaupt der Demut, der Bescheidenheit und des Mitgefühls.

Am Ostersonntag wurde er im Rollstuhl auf die Loggia des Petersdoms gefahren, auf jenen Balkon, der gegen den Petersplatz hin ausgerichtet ist. Auf den Platz im Vatikan waren rund 50'000 Gläubige versammelt. Der Mann im Rollstuhl sprach mit der leisen, brechenden Stimme eines betagten und erschöpften Menschen den Ostersegen Urbi et Orbi, den Segen für die Stadt Rom und die ganze Welt also.

Dies war die letzte Amtshandlung von Papst Franziskus alias Jose Maria Bergoglio. Am Ostermontag um 7:35 Uhr ist das Oberhaupt der Römisch-katholischen Kirche – und somit eine der prominentesten Persönlichkeiten der gesamten Christenheit – im Alter von 88 Jahren gestorben.

An die gesamte Christenheit

Die Gesundheit des Papstes war in den letzten Monaten wegen einer schweren Lungeninfektion kritisch, in den vergangenen Wochen war von einer leichten Besserung die Rede. So war es ihm denn möglich, noch einmal den zu Segen sprechen. Einen besonderen Segen: an einem Osterfest, an dem wieder einmal alle Christen weltweit am selben Tag Ostern feierten, sowohl jene, die den Termin nach dem gregorianischen Kalender berechnen als auch jene, die sich an den julianischen Kalender halten. Und dies im heiligen Jahr 2025 der Katholiken, das unter dem Motto «Pilger der Hoffnung» steht.

Nach dem Rücktritt des deutschen Papstes Benedikt XVI. am 28. Februar 2013 wurde der Argentinier Jose Maria Bergoglio als erster Nichteuropäer seit dem 8. Jahrhundert und erster Jesuit zum neuen Papst gewählt. Für dieses Amt gab er sich den Namen Franziskus zu Ehren des Heiligen Franz von Assisi.

Verzicht auf Mode und Komfort

Diese Namensgebung war zugleich ein programmatisches Statement: Auf den Spuren seines Vorbildes, des Gründers des Franziskanerordens, wollte der neue Pontifex ein Leben in Bescheidenheit und in Zuwendung zu den Menschen und zur Schöpfung führen. Er wohnte nicht in den päpstlichen Gemächern des Apostolischen Palastes, sondern im Gästehaus der heiligen Martha, verschmähte die roten Schuhe, in denen sein Vorgänger aufgetreten war, und zog es vor, sich in Kleinautos chauffieren zu lassen statt in einer Staatslimousine.

Seine erste Reise führte ihn noch im Jahr seiner Wahl auf die Insel Lampedusa zwischen Libyen und Sizilien, wo viele Bootsflüchtlinge angelandet waren, und predigte gegen die weltweite Gleichgültigkeit. Im Lauf seiner Amtszeit äusserte er sich verschiedentlich kritisch zum Kapitalismus («Kapitalismus tötet»), verfasste eine Enzyklika als Aufruf zur Sorge für die Umwelt und äusserte sich zuwendungsvoll gegenüber Homosexuellen. Für Obdachlose liess er am Rand des Petersplatzes Duschen einrichten, und er erlaubte geschiedenen wiederverheirateten Katholikinnen und Katholiken, unter bestimmten Voraussetzungen die Kommunion zu empfangen.

«Seine zugängliche Art, nahe bei den Menschen, hat der Kirche ein freundliches Gesicht gegeben. Unter ihm wurde die Weltsynode, an der die unterschiedlichsten Strömungen am Tisch sassen, möglich. Frauen wurden in leitende Ämter befördert. Nicht mehr tragbare Kirchenfunktionäre wurden entlassen», so würdigt Rita Famos, Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, das Wirken des Verstorbenen. «Sein Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung, für soziale Gerechtigkeit und seine klare Position zu Fragen von Migration und Armut haben das Bild der katholischen Kirche in den letzten Jahren stark geprägt.»

Frauen warten immer noch

Schwer lasteten auf seiner Amtszeit jedoch die zahlreichen öffentlich gemachten sexuellen Übergriffe durch Priester und Ordensleute; er verschärfte die Vorschriften und ordnete vorbeugende Massnahmen an. Frauenpolitisch sendete er zwar ermutigende Signale, aber stark wirksam wurden sie nicht.

Dazu Rita Famos: «Nicht alle Hoffnungen, die viele in ihn gesetzt hatten, konnten in Taten umgesetzt werden. So warten die Frauen immer noch auf die Weihe. Eine echte Beteiligung, wie sie der Weg zur Weltsynode zunächst versprach, wurde unter ihm noch nicht möglich.» Und für die Protestanten sei das «ökumenische Ringen» immer noch festgefahren in dogmatischen Streitigkeiten, etwa um das Kirchenverständnis.

So bleibt Franziskus als Papst in Erinnerung, der viele Menschen inspirierte, aber auch viele Gläubige, insbesondere in der eigenen Kirche, enttäuschte.

Zum Pontifikat von Papst Franziskus

Eine Würdigung von Rita Famos, Präsidentin Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS)

«Buonasera», diese ersten freundlichen Worte nach seiner Wahl haben aufhorchen lassen.

Und tatsächlich war das Pontifikat von Franziskus geprägt von Aufbruch und Hoffnung. Seine zugängliche Art, nahe bei den Menschen, hat der Kirche ein freundliches Gesicht gegeben. Unter ihm wurde die Weltsynode, an der die unterschiedlichsten Strömungen am Tisch sassen, möglich. Frauen wurden in leitende Ämter befördert. Nicht mehr tragbare Kirchenfunktionäre wurden entlassen. Sein Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung (Laudato Si’), für soziale Gerechtigkeit und seine klare Position zu Fragen von Migration und Armut haben das Bild der katholischen Kirche in den letzten Jahren stark geprägt.

Nicht alle Hoffnungen, die viele in ihn gesetzt hatten, konnten in Taten umgesetzt werden. So warten die Frauen immer noch auf die Weihe, eine echte Beteiligung, wie sie der Weg zur Weltsynode zunächst versprach, wurde unter ihm noch nicht möglich. Und für uns Protestanten ist das ökumenische Ringen immer noch festgefahren in den dogmatischen Streitigkeiten um das Kirchenverständnis und den Primat.

Aber dennoch habe ich Hochachtung vor dem Mut dieses Kirchendieners, der viel in Bewegung gesetzt hat. Berührend war es, dass er – geschwächt, aber mit klarer Stimme – am Ende seines Weges noch den Ostersegen sprechen konnte. Ein letzter Akt seines Dienstes, der viele tief bewegt hat.

Pfarrerin Rita Famos, Präsidentin EKS