«Bald werde ich achtzehn Jahre alt und weiss nicht, wie ich mit meinen Steuern umgehen soll. Stattdessen muss ich lernen, wie ich eine Seite eines Dreiecks berechne.» Mit einer fiktiven Schulstunde eröffneten die Fachmittelschülerinnen das Zwingli-Gsprööch vom 2. Oktober. Auf Schulbesuch kam der moderne Zwingli, der den Schülerinnen beipflichtete, dass sie neben Mathematik und Geometrie auch über die wesentlichen Dinge des Lebens lernen sollten. Zum Beispiel, wie sie ihr Leben selbst finanzieren.
Kritik am Schulsystem
Die Lernenden der zweiten Fachmittelschule stellten sich die Frage, wie Zwingli heute das Schulsystem revolutionieren würde. Pfarrer Peter Scheuermeier, ehemaliger Rektor der Freien Evangelischen Schule, entwickelte mit den jungen Erwachsenen zusammen das Konzept für den Abend. Anstatt ein Podiumsgespräch, bei dem nur Experten vortragen, sollen die Schüler selbst zu Experten ihrer Bildung werden. Sie wissen nämlich genau, was ihre Kritik am Bildungssystem ist: «Leistungsdruck nimmt zu, Lehrplan wird immer voller und nichts gestrichen, Noten sollen abgeschafft werden, man lernt zu wenig fürs Leben». Auch laut Peter Scheuermeier sollen die jungen Menschen so für die Zukunft lernen, dass sie urteilsfähig werden in der heutigen Gesellschaft, die etwas komplexer sei als zu Zwinglis Zeiten.
Partizipativ fürs Leben lernen
Gekleidet als Zwingli las ein Schüler aus Zwinglis entwicklungspolitischer Schrift. Ein Marktplatz von Diskussionsrunden zum Wandel des Schulsystems und zur Digitalisierung in der Bildung ergänzten das theatrale Programm. Am Zwingli-Gsprööch konnte sich so jeder Besucher das mitnehmen, was für sein Leben wichtig ist. Ein offener Marktplatz wäre wohl auch im Sinne des Reformators gewesen. «Zwingli wollte, dass sich die Leute selber bilden und mehr Entscheidungen über ihr eigenes Leben treffen können», so Rektor Peter Frey.