Das ungesehene Wunder der Auferstehung sichtbar machen

Kunst

Die Auferstehung Christi ist das Kernstück des christlichen Glauben, aber in der Bibel nicht genau beschrieben. Die Kunst fand darauf jedoch reichlich bildliche Antworten.

Den auferstandenen Christus erkennt man auf Kunstwerken in Kirchen und Museen meist schnell und beinahe intuitiv: Da ist ein Grab zu sehen und eine strahlende Christusfigur, vielleicht mit einer Siegesfahne, vielleicht fliegt sie gen Himmel, am Boden liegen die erschrockenen Wächter. So selbstverständlich diese Bilder für uns heute wirken – sie haben eine Entstehungsgeschichte. Unsere bildliche Vorstellung der Auferstehung hat vor allem die Kunst des Mittelalters und der frühen Neuzeit geprägt.

Der konkrete Vorgang der Auferstehung wird in der Bibel gar nicht beschrieben: Christus ist einfach nicht mehr da. Das sagt ein Engel den drei Marien, die zum Grab kommen, um den Leichnam zu salben. Wie der Auferstandene aussah und wie seine Auferstehung von den Toten vonstatten ging, beschreibt der Engel nicht. Die Auferstehung bleibt ein Geheimnis.

Zunächst nur symbolische Verweise

In der frühchristlichen Kunst finden sich denn auch keine Darstellungen der Auferstehung selbst. Es wird lediglich symbolisch darauf verwiesen. Zum Beispiel mit dem Kreuz mit Christusmonogramm. Dieses besteht aus den übereinandergeschriebenen griechischen Buchstaben X (Chi) und P (Rho), als erste zwei Buchstaben des Wortes Christós. Das Ganze ist umgeben von einem Loorberkranz, als Zeichen des Sieges über den Tod.

Oder es werden die Frauen am Grab gezeigt, wie auf der sogenannten «Reiderschen Tafel», einem in Italien geschnitzten Elfenbeinrelief aus der Zeit um 400 nach Christus. Der Engel ist dort flügellos dargestellt und sitzt in antikem Gewand auf einem Felsblock vor dem verschlossenen Grab. Dieses hat die Form eines römischen Mausoleums. Der Engel spricht die drei Marien an. Darauf verweist der Segensgestus, den er mit seiner Hand macht: Daumen, Zeige- und Mittelfinger sind als Zeichen der Dreifaltigkeit ausgestreckt. Der auferstandene Christus ist auf der Tafel zwar auch dargestellt, aber in einer zweiten Szene im Hintergrund, bereits beim Aufstieg in den Himmel. 

Die Szene der Frauen am Grab wird in den folgenden Jahrhunderten oft mit den sich entwickelnden Darstellungen der Auferstehung kombiniert. Erste solche tauchen in der westeuropäischen Kunst im neunten Jahrhundert auf. Die Szene wird in Buchmalereien in Psalterhandschriften aufgenommen, also in Büchern, die die Psalmen enthalten, und zwar als Illustration zu Stellen, die als Weissagungen König Davids zur Auferstehung gelten. Die Szene wird häufig als Vision Davids dargestellt, also mit David im Bild. Christus wird hier neben dem Grab stehend gezeigt, aus einem Grabbau schreitend oder innerhalb eines solchen im Sarkophag liegend. Dieser steinerne Sarg hat im Mittelalter das antike Mausoleum in den Darstellungen abgelöst.

Verschiedene Darstellungsformen entstehen

Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts tauchen Auferstehungsdarstellungen auch in der Malerei und Skulptur auf und entwickeln sich weiter. In den folgenden Jahrhunderten wir die Auferstehung in verschiedener Weise wiedergegeben: Christus schwebt über dem Sarkophag oder steigt aus diesem, er wird gezeigt, wie er den Sargdeckel aufstösst oder im geöffneten Sarkophag steht.

Er kann auch auf dem Sarkophag thronend, stehend oder sitzend dargestellt sein. Der Sarkophag ist offen, halboffen oder geschlossen. Diese unterschiedlichen Nuancen betonen jeweils verschiedene Aussagen. Der über dem Sarg schwebende Christus beispielsweise steht für das Wunder der Erhöhung, also die Vergöttlichung Christi, die mit der auf die Auferstehung folgenden Himmelfahrt vollzogen wird. Der aus dem Sarkophag steigende Christus hingegen verweist auf die kraftvolle Überwindung des Todes und die leibliche Auferstehung Christi.

Christus werden auch Gegenstände beigegeben: Der Kreuzstab oder die Siegesfahne – oft in Kombination – mit rotem Kreuz auf weissem Grund als Zeichen des Triumphs über den Tod und ein rotes oder weisses Gewand. Weiss ist die Farbe des Lichtes, der Erscheinung des Göttlichen, und steht daher für die göttliche Natur Christi, die vollkommene Reinheit und ewige Herrlichkeit. Das Rot verweist auf die Menschwerdung und das Opfer Christi. Auch das weisse Leichentuch wird dargestellt.

Oft sieht man auch deutlich die Wundmale, Christus blickt und zeigt nach oben, macht den Segensgestus und trägt einen Heiligenschein. Statt eines Sarkophags kann auch ein Felsengrab oder ein Grabbau zu sehen sein. Anbetende Engel und schlafende oder erschrockene Wächter können das Geschehen umgeben und das Wunder der Auferstehung verdeutlichen.

Welche Herausforderung es ist, das Wundersame der Auferstehung darzustellen, belegen besonders eigenartige Darstellungen. In diesen schwebt  Christus durch den steinernen Baldachin über dem Grab hindurch nach oben oder scheint aus dem geschlossenen Deckel des Sarkophags herauszuwachsen.

Der entschwebende Christus prägt die Kunst der frühen Neuzeit

Die Darstellungsform des dem Grab entschwebenden Christus wurde in der Kunst der Renaissance und des Barocks vor allem in Italien prägend. In den Auferstehungsgemälden von Giovanni Bellini und Raffael schwebt Christus über dem Grab, wobei er als in der Luft stehende Figur dargestellt ist. Hinter im erstreckt sich eine weite Landschaft.

An Bedeutung gewinnt in dieser Zeit auch die Darstellung Christi als Lichterscheinung, die dem Bedürfnis der Zeit nach dramatischer Bewegung und Überraschungseffekten entgegenkommt. Besonders bekannt ist die Darstellung auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald in Colmar. Er zeigt Christus als kosmische Erscheinung in einer Sonnenglorie, also als das Licht der Welt. 

Auf einem Bild Rembrandts erscheint ein riesiger Engel in einer Lichtwolke, der den Sargdeckel aufreisst, so, dass die erschrockenen Wächter vom Sarkophag fortgeworfen werden. Daraus erhebt sich Christus in seinen Leichentüchern. 

Die Reformation bringt ihre eigene Art der Darstellung hervor

Die Kunst der Reformation führt ein neues, lehrhaftes Bildmotiv ein: Christus tritt Tod und Teufel – gemeint ist der Papst – nieder und durchbohrt sie mit einem Kreuzstab. Geprägt hat dieses Motiv Lukas Cranach der Ältere, ein enger Freund des Reformators Martin Luther und unter anderem Besitzer der Druckerei, in der Luther seine Thesen und Bibelübersetzungen drucken liess.