Die Kirche bietet innovativen Projekten Raum

Konsum

Online-Shopping ohne Geld,  dafür mit Nachhaltigkeit: Die Shareitt-App machts möglich. Im alten Pfarrhaus in Zürich-Wipkingen befindet sich jetzt ein Tausch-Treffpunkt. 

Es ist der heimliche Star des Abends, jedenfalls unter den kleinen Gästen: das grüne Laufrad. In diesem Moment kurvt ein Kind damit durch den Pfarrhausgarten. Und auch andere würden das jetzt gern tun. 

Mitte Juni hatte ein Shareitt-Mitglied das begehrte Rad im Wipwest Huus abgegeben. Jetzt wird es von seiner neuen Besitzerin abgeholt.

Offen für das Quartier

Das Team vom Wipwest Huus, dem ehemaligen Pfarrhaus an der Hönggerstrasse in Zürich-Wipkingen, hat an diesem lauen Frühsommerabend Anfang Juni zum Pizzaessen in den Pfarrhausgarten eingeladen. 

«Wir möchten das Haus für die Quartierbevölkerung öffnen und es zu einem Treffpunkt für verschiedene Communitys machen», sagt Sozialdiakon Tobias Nordmann. Der Gründer und ehemalige Geschäftsleiter von Crowd Container ist seit einem Jahr als Social Entrepreneur im Wipwest Huus tätig. 

Beim Belegen der Pizza kommen die Leute miteinander ins Gespräch: die Nachbarinnen mit den Familien, die Co-Worker mit den Backofenbauerinnen vom Verein «knusprig». Dank ihnen kam das Wipwest Huus im letzten Herbst zu einem Lehmofen. Und auch Nutzerinnen der Tauschplattform Shareitt sind da. 

Seit einigen Wochen ist das Wipwest Huus ein sogenannter Abhol- oder Pick-up-Point. Mit der App können gratis und mit wenigen Klicks kleine und grössere Dinge angeboten werden, die im eigenen Haushalt herumstehen, aber noch zu gut sind, um im Abfall zu landen. 

Von den herkömmlichen Marktplätzen für Secondhand-Artikel unterscheidet sich Shareitt in zwei Aspekten: Die App funktioniert ohne Geld, bezahlt wird in einem Punktesystem. Wer ein Profil erstellt, erhält 40 Startpunkte und kann sofort einkaufen. Damit der Tausch der Güter möglichst wenig Ressourcen verbraucht, wird die Distanz zu den Anbietenden oder zum nächsten Pick-up-Point angegeben.

Shareitt nutzen:

App herunterladen, mit Einladungscode wipwesthuus Profil erstellen – los gehts!

Für eine solidarische Welt

Shareitt wurde vor fünf Jahren in Israel entwickelt, dort machen inzwischen bereits 80 000 Menschen mit. In der Schweiz gibt es die App seit September 2022. Seit damals haben 2870 Leute über 8000 Artikel angeboten, mehr als ein Drittel davon wurde bereits getauscht. Das Ziel von Shareitt sei, Menschen miteinander zu verbinden, die sich für eine nachhaltige und solidarische Welt einsetzen, sagt Shareitt-Mitinitiantin Katharina Serafimova.«Wenn Produkte ein längeres Leben haben, weil wir sie weitergeben, muss weniger produziert werden.»

Davon ist auch Tobias Nordmann überzeugt: «Indem wir Shareitt unseren Raum zur Verfügung stellen und uns für die Tausch-Community öffnen, unterstützen wir die Kreislaufwirtschaft.»

Unser Ziel ist, Menschen miteinander zu verbinden, die sich für eine solidarische und nachhaltige Welt einsetzen.
Katharina Serafimova, Mit-Initiantin von Shareitt

Das grüne Laufrad hat mittlerweile seine neue Besitzerin gefunden: Yuni (2) aus Wipkingen darf es heute mit nach Hause nehmen. Ihre Mutter Daniela ist seit einem Jahr bei Shareitt und liebt es, ohne Geld einzukaufen: «Ich finde es super, Dingen ein zweites Leben zu geben.» 

Das Rad hat sie 50 Punkte gekostet. Nun sei ihr Konto ziemlich leer. «Ich muss deshalb bald einmal auf dem Estrich nachschauen, was ich selbst anderen anbieten kann», sagt Daniela. 

Kreisläufe schliessen

Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz hat sich in ihren Umweltleitlinien verpflichtet, eine möglichst nachhaltige Kreislaufwirtschaft anzustreben. Diese hat zum Ziel, Produkte und Materialien so lange wie möglich im Wirtschaftssystem zu halten. So werden weniger Ressourcen verbraucht und Abfall wird reduziert. Statt wie im linearen Wirtschaftsmodell zu produzieren, zu nutzen und zu entsorgen, setzt die Kreislaufwirtschaft auf Wiederverwendung, Reparatur, Recycling und eine regenerative Nutzung von Ressourcen.