Es war die kürzeste Halloween-Feier, die Corinne Dobler je erlebt hat. Allerdings hat sie keine bisher so gerührt. Eine halbe Stunde lang hatten zehn Frauen und Männer der Notwohnsiedlung Brothuuse am Tisch in der Stube gesessen, gegessen und mit der Seelsorgerin über die Symbolik von Halloween diskutiert. Dann verzogen sie sich alle wieder in ihre Zimmer.
In der Unterkunft der Stiftung Sozialwerk Pfarrer Sieber in Zürich-Affoltern leben Menschen, die fast alles verloren haben: Beziehungen, die Wohnung, den Job und die Fähigkeit, ihr Leben zu strukturieren. Viele leiden an Suchtkrankheiten. Pünktlich zur Halloween-Feier zu erscheinen und sich in die Gemeinschaft zu begeben, ist für sie keine Selbstverständlichkeit.
«Das war für sie eine grosse Leistung!», sagt Dobler eine Woche später. Auf dem Tisch zeugen noch Schokoküsse mit Smarties-Fratzen von Halloween. Eine Bewohnerin hatte sich das Fest gewünscht. Mit ihr gestaltete Dobler Flyer und die Deko in der Stube. Ob Gäste kommen würden, war bis zuletzt unsicher. «Ich freue mich über jeden stabilen Moment, den wir teilen», sagt die 45-Jährige. «Ich habe nicht den Anspruch, ihr Leben zu ändern.»