Am 9. April 2024 schrieb eine Gruppe älterer Frauen Geschichte: Sie verklagten den Schweizer Staat, weil er zu wenig für den Klimaschutz unternahm – und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg gab ihnen recht. «Das Urteil geht binnen Minuten um die Welt: Klimaschutz ist ein Menschenrecht!» So schreibt es die Journalistin Brigitte Hürlimann in ihrem Buch «Als die Schweiz ins Schwitzen kam», das im September erschienen ist und die Erfolgsgeschichte der Schweizer Klimaseniorinnen erzählt.
Besonders betroffen
Brigitte Hürlimann ist Gerichtsreporterin beim Onlinemagazin «Republik». Ihr beruflicher Alltag be-steht zu grossen Teilen aus Gerichtsverhandlungen und dem Lesen von Akten. Aber dieser Fall war besonders. Und er bleibt es bis heute. «Die Dringlichkeit des Anliegens der Klimaseniorinnen wurde mir schonungslos vor Augen geführt», sagt Hürlimann. «Wenn ich die Statistiken und Analysen der Expertinnen sah, lief es mir kalt den Rücken runter.»
Mit ihrer Klage wollten die Klimaseniorinnen Druck auf den Staat ausüben, seiner Verpflichtung nachzugehen und seine Bürger und Bürgerinnen vor den Folgen der Erderwärmung zu schützen.
Gesichter hinter der Klage
Das Buch stellt in 13 Porträts die Klimaseniorinnen vor. Eine von ihnen ist die Tessinerin Bruna Molinari, eine Einzelklägerin mit dem Geburtsjahr 1941. Molinari zieht die Schweiz gleich doppelt zur Verantwortung: gemeinsam mit dem Verein der Klimaseniorinnen, aber auch individuell. Seit ihrer Kindheit leidet Molinari an Asthma, mit zunehmendem Alter wird der Alltag für sie jedoch immer beschwerlicher.
Auch die Sommerhitze setzt ihr zu, die mit jedem Jahr länger und intensiver wird. Bereits bei der geringsten Anstrengung, so heisst es im Arztbericht zuhanden des EGMR, leidet sie unter Atemnot, «was sie daran hindert, in ihren hundert Meter entfernten Gemüsegarten zu gehen. Sie kann weder in die Höhe steigen noch in die nahe gelegene Stadt Chiasso fahren, da die Luftverschmutzung ihre Symptome stark verschlimmert.»