
Himmelfahrt ist eine Brücke
Was an Auffahrt gefeiert wird, wissen viele nicht mehr. Das ist nicht weiter schlimm. Allein schon die Menschen aufatmen zu lassen, ist eine edle Funktion des Kirchenjahrs.
Zwischen dem Blick in den Himmel und dem Auftrag zur Nachfolge: Auffahrt. (Foto: flickr/zhref)

Auffahrt klingt nach Tiefgarage. Himmelfahrt sogar nach dem Kommando, das Leben für eine aussichtslose Mission zu riskieren. Und woran Auffahrt wirklich erinnert, weiss ohnehin fast niemand mehr. Sie ist einfach ein freier Tag, mit Brücke sogar ein wenig wie Ferien.
Nein. Nun folgt kein Jammern über die Säkularisierung und den biblischen Analphabetismus. Baut das Kirchenjahr den Menschen eine Brücke, um den Kopf frei zu bekommen, ist das allein schon ein edler Zweck. Und ganz einfach, der Himmelfahrt einen tieferen Sinn abzuringen, ist es ja nicht.
Ein Spektakel
Auf den ersten Blick erscheint die Auffahrt dramaturgisch motiviert. Der Auferstandene, der sich seinen Jüngerinnen und Jüngern gezeigt hat und endlich von ihnen erkannt worden ist, muss wieder von der Bühne. Und zwar triumphal.
Da ist der Aufstieg in den Himmel gerade spektakulär genug: «Und es geschah, während er sie segnete, dass er von ihnen schied und in den Himmel emporgehoben wurde» (Lk 24,51). Daraufhin kehren die Zeuginnen und Zeugen der Himmelfahrt glücklich nach Jerusalem zurück. Die Geschichte hat ihr Happy End.
Der Tadel
Allerdings ist die Himmelfahrt auch ein Anfang. Die Apostelgeschichte setzt damit ein, dass die Jüngerinnen und Jünger in den Himmel starren, wohin Christus entschwunden ist. Zwei Engel tadeln sie sogleich: «Ihr Leute aus Galiläa, was steht ihr da und schaut hinauf in den Himmel?» (Apg 1,11). Gott, der Mensch wurde, um den Menschen vorzuleben, was Menschlichkeit bedeutet, ist unsichtbar geworden.
Jene, die zurückbleiben, sollen aber nicht tatenlos den Himmel studieren, sondern ihren Blick der Welt zuwenden. Sie sind aufgerufen, «mit grosser Freude» (Lk 24,52) in die Spuren der Nachfolge zu treten und den Himmel immer wieder auf die Erde zu holen, wie es Jesus vorgemacht hat. Indem sie versöhnen, wo Sprachlosigkeit herrscht, zuhören, wo Verzweiflung quält, den Blick nicht abwenden, wo Ausgrenzung grassiert, teilen, wo die Gier regiert, für Gerechtigkeit aufstehen, wo Unrecht unterdrückt.
Die Mission
Himmelfahrt ist also bereits in der Bibel eine Möglichkeit zur Brücke: Sie steht für den Übergang vom Wunder der Auferstehung an Ostern zum Auftrag zur Nachfolge. Sie schenkt Zeit für das Atemholen, den Blick in den Himmel. Und zugleich lenkt sie die Aufmerksamkeit auf jenes Himmelfahrtskommando, das eben kein todesmutiger Verzweiflungsakt ist, sondern eine Mission aus freiem Willen, die dem Leben dient.