Täuferweg in Trub – Horror und Heimat im tiefen Emmental

Spirituelle Wege

Zum «schönsten Dorf der Schweiz» wurde 2019 Trub gewählt. Doch der Täuferweg vor Ort zeigt eindrücklich: In der Geschichte gibt es auch viel Dunkelheit.

Es war 2019 «das schönste Schweizer Dorf» – zumindest in den Augen von Leserinnen und Lesern von der «Schweizer Illustrierten», «L'illustré» und «il Caffé». Weitere Bekanntheit dürfte der etwas über 1200 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Ort durch das Volkslied «Trueberbueb» erhalten haben, das Schwingen, Schmalz und Saft in Armen und Beinen, «Chraft» im Herzen und feste Frauen preist.

An der Hand genommen ins Jahr 1707

Trub liegt ganz hübsch da, selbst an einem Werktag im Frühherbst unter grauen Wolken. «Einfach Heimat» heisst es prominent im Slogan der Gemeinde. Fernes Kuhglockengebimmel ertönt. Beim imposanten Gasthof «Löwen» rennt eine Katze über Platz und Strasse. Gleich neben einem wunderschön blühenden Garten steht auf einer Tafel unter dem Bild des Dorfes um 1827: «Herzlich willkommen auf dem Dorfplatz im Trub. Wir schreiben das Jahr 1707.» 

Hier beginnt der Täuferweg. Mit einem kleinen Text werden Lesende unter dem Titel «Weg und Erleben» auch gleich quasi an der Hand genommen: «Stelle dir vor, dass du Täufer oder Täuferin bist. Bewusst hast du dich für die Gemeinschaft der Täufer und für die Glaubenstaufe entschieden.» Es folgt die Aufforderung, den Mut zu haben und sich auf den Weg zu machen.

Serie: Wanderwege mit spirituellem Bonus

Der Herbst lädt ein mit Farbenpracht und angenehmen Temperaturen: Zu Fuss die Welt auch nahe der Haustür zu entdecken. Die Berner Redaktion von «reformiert.» hat als Inspiration ein paar Vorschläge rekognosziert, die nicht nur frische Luft und Aussichten bieten, sondern zudem Erkenntnisse zu Religion, Glauben und Spiritualität.

Bei der Kirche wirkt alles sehr sauber und aufgeräumt. Über den grossen Rasen rundum summt ein Mähroboter, scheinbar verwirrt mit willkürlich wirkenden Richtungswechseln, aber irgendwie trotzdem zielstrebig. Doch die zweite Tafel mit dem Titel «Kirche und Staat» bereitet einen schon darauf vor, dass damals nicht alles so idyllisch war, wie es heute aussieht. «Du wirst vor ein Chorgericht zitiert, weil du den Gottesdienst nicht besucht und das Abendmahl verweigert hast», beginnt der Textteil, in dem Lesende direkt angesprochen werden. 

Einzelhaft und Finsternis

Mit Blick auf den Friedhof wird es dann wirklich «gfürchig». Auf einem Trio von Tafeln nebeneinander entfaltet sich vor grünen Wiesen und Wald ins Tal des Sältebach ein anderes Bild. Mit «Glaube und Verstehen», «Finsternis und Licht» und «Glauben und Leben» wird einem das alltägliche Leben und Schicksal, das viele Gläubige der Täufergemeinde erleiden mussten, kurz und doch drastisch erzählt. «Der Täuferjäger hat dich ausfindig gemacht und nach Trachselwald ins Gefängnis gebracht», heisst es unter anderem. Da ist langes Sitzen in Einzelhaft und Finsternis, bei Wasser und Brot angesagt.

Die Täufer im Emmental

Ihren Ursprung haben die Gemeinschaften der Täufer in der Reformationszeit, im frühen 16. Jahrhundert. Sie lehnten die Kindertaufe als unbiblisch ab und strebten eine Erneuerung des Glaubens an. Doch wegen ihrer je nach Ansicht radikalen Standpunkte wurden sie verfolgt und vertrieben. Die Geschichte des Leidens dauerte Jahrhunderte. Vor allem auch in der Geschichte des Emmentals bilden die Verfolgungen der Täufer ein düsteres Kapitel. Heute leben immer noch mehr als die Hälfte der Gläubigen aller 14 Schweizer Täufergemeinden im Kanton Bern. 

Die zwölf Posten des Weges in Trub sollen Antworten geben auf die Frage, warum viele Menschen vor Ort wegen ihrer Glaubensüberzeugung bereit waren, ihre Familie, ihre Heimat, den Hof und sogar ihr Leben preiszugeben. Der Rundgang dauert etwa eine Stunde und ist selbst für Wandermuffel gut machbar. Hier ist der Flyer als PDF herunterladbar.

Ein weiterer Täuferpfad findet sich in Sumiswald. Hier geht es zur Beschreibung auf der Website. 

Auch bei den weiteren sieben Stationen ist in gut verständlicher Sprache und zugänglich und informativ dargestellt einiges zu erfahren über die Geschichte der Täufer in Trub und im Emmental. Dass die Texte so konkret und relativ knapp verfasst sind, aber doch mit essenziellen Inhalten – und dass immer ein Abschnitt die Lesenden direkt anspricht und einbezieht, macht dieses Stück Geschichte sehr greifbar.

Mit etwas über einem Kilometer Gesamtlänge ist die Schlaufe, die nur wenig aus dem und übers Dorf führt, selbst für Wandermuffel keine Sache. Praktisch wäre noch, wenn der Weg unterwegs richtungsweisende Signale hätte. Die Stationen sind nur entweder durch Zufall oder mit dem Plan auf dem Flyer zu finden. Aber das Ende beim Anfang des Weges kann praktisch über alles trösten: Mit «bhüet di Gott» wird man verabschiedet.

Eine mögliche Erweiterung

Und wer gerne mehr Bewegung hat, findet ohne weiteres Möglichkeiten direkt ab Trub, etwa den schmalen Weg durch steiles Gelände und wilden Wald zum Balmeggberg hinauf. Dort ist übrigens auch ein landwirtschaftliches Kontrastprogramm zu sehen zur aufgeräumten Viehwirtschaft, die unten vorherrscht: Auf dem Hof wird Permakultur betrieben, es gibt einige Jurten zum Übernachten und ein öffentliches Kursangebot.