«Wie zu Gotthelfs Zeiten» – dieser in Gesprächen immer mal wieder gehörte Vergleich soll zum Ausdruck bringen, dass etwas besonders bodenständig, altväterisch und rustikal sei. Wie zu Zeiten von Albert Bitzius eben, der von 1831 bis 1854 Pfarrer in Lützelflüh war und unter dem Pseudonym Jeremias Gotthelf Romane verfasste, in denen er eindrücklich von den Leiden und Freuden der Bauern im Emmental erzählte.
Gotthelfs Ruhm als Literat reichte bereits zu seinen Lebzeiten über die Schweizer Grenzen hinaus bis nach Deutschland, wo er sich einer grossen Leserschaft erfreute. Heute zählt sein Werk zur Weltliteratur.
«Seine Karikaturen einer fortschrittsversessenen Politik ohne Moralmassstäbe brachten den Pfarrer von Lützelflüh bei Berner Lesern in Misskredit. Das deutsche Lesepublikum schätzte indes seine Darstellungen der bäuerlichen Welt, je mehr sie in Kontrast zum industriellen Zeitalter zu rücken schienen»: So umreisst die Forschungsstelle Jeremias Gotthelf an der Universität Bern die Rezeption von Gotthelfs Werk durch dessen Zeitgenossen.
Longseller «Die schwarze Spinne»
Seit Gotthelfs Tod sind gut 170 Jahre vergangen. Seine Figuren wie Uli der Knecht, Änneli oder der Hagelhans haben sich dem heutigen kollektiven Gedächtnis vor allem über die Verfilmungen des Regisseurs Franz Schnyder (1919 – 1993) eingeprägt. Gerne verwendet werden Gotthelf-Stoffe auch für Bühnenproduktionen. Seine Druckwerke hingegen gehen im Buchhandel nur noch selten über die Theke. Eine grosse Ausnahme bildet die Novelle «Die schwarze Spinne», die zum literarischen Bildungskanon und entsprechend immer noch zur gymnasialen Pflichtlektüre im deutschsprachigen Raum gehört.