Als der neue Papst Leo XIV. auf dem Balkon des Petersdoms erschien, war die Überraschung perfekt: ein Amerikaner auf dem Stuhl Petri. Auch der Publizist und Theologe Michael Meier hatte Francis Prevost nicht auf seiner Liste: «Ich war sehr überrascht, dass ein Nordamerikaner zum Papst gewählt wurde, zumal ich übersehen hatte, dass er auch peruanischer Staatsbürger ist.»
Seine Kleidung wie seine kurze erste Rede hätten sogleich verraten, dass das Konklave keinen Populisten, sondern einen differenzierten Denker gewählt habe. Dem Autor zahlreicher Bücher war bewusst, dass Prevost ein Kompromisskandidat ist: politisch in der Nachfolge von Franziskus, theologisch aber ein Traditionalist.
«Vielversprechend für unsere Weltkirche»
Auch Anne Durrer, Generalsekretärin der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK), hat beim neuen Papst genau hingesehen: «Ich dachte spontan: O je, ein Amerikaner! Aber ich korrigierte mich sofort. Kein US-Bürger im engen Sinne, sondern ein Bürger des ganzen Kontinentes mit langjährigen Erfahrungen in Peru.» Dieser Papst kenne andere Kulturen, Lebensrealitäten und Sprachen. Das empfindet Anne Durrer als «vielsprechend für unsere Weltkirche».
Ihr gefällt, dass der neue Papst einer Ordensgemeinschaft angehört, die sich nach der Regel des Augustinus richtet. «Viele deuten die Namenswahl Leo auch als Anspielung auf Bruder Leo, einen engen Begleiter von Franz von Assisi», sagt sie. Und sie schiebt nach: «Ein Hinweis, dass Leo XIV. den Weg des verstorbenen Papsts weitergehen wird?»
Starke Worte für den Frieden
Leo XIV. hat schon in seinen ersten Amtsstunden mit starken Aussagen aufgewartet. Michael Meier zeigt sich erfreut über seine ersten Worte: «Der Friede sei mit euch!» Er betont: «Das hat mir gefallen. Überhaupt seine Betonung des Friedens und sein Angebot, als Friedensvermittler zwischen den Konfliktparteien weltweit auftreten zu wollen, ist vielversprechend, ebenso sein Telefonat mit Präsident Selenski.»