Sie brauche noch eine kurze Pause, sagt Monika Renz zur Besucherin, die im Flur vor ihrem Behandlungszimmer auf einem zitronengelben Stuhl wartet, und verschwindet mit einer Orange in der Hand hinter einer grauen Tür. «Psychoonkologie» steht auf dem Schild an der Wand, darunter kleiner «Musiktherapie».
Seit bald 30 Jahren arbeitet Monika Renz am Kantonsspital St. Gallen. Sie hat die kleine Abteilung aufgebaut, leitet sie und etablierte hier einen Therapieansatz, der weit über das Spital hinaus Beachtung findet. Er kombiniert Gespräche mit Musik- und Traumatherapie, mit spiritueller Begleitung, Traumdeutung und Familienunterstützung.
Wenig später kommt Renz zurück und erklärt, sie habe heute Morgen mit einer 20-jährigen Frau gearbeitet, für die der Tod in nächste Nähe rücke. Das habe sie mitgenommen. Renz nimmt einen tiefen Atemzug und ergänzt dann: «Wenn ich mich nicht mehr berühren liesse, wäre ich am falschen Ort.»
Eigenes Leid weckt Interesse
Die Musik- und Psychotherapeutin, die im Zweitstudium Theologie studierte, ist in der Schweiz eine Pionierin auf dem Gebiet der praktischen Sterbeforschung und der spirituellen Begleitung Schwerkranker. Renz hat über 1000 Menschen beim Sterben und weit mehr Patienten zurück ins Leben begleitet.
Über das Grenzgebiet zum Tod hat sie zahlreiche Bücher und Buchbeiträge publiziert, darunter den Bestseller «Hinübergehen – Was beim Sterben geschieht». Mitte Mai ist ihr neustes Werk «Meine Hoffnung lass’ ich mir nicht nehmen» erschienen. Es nimmt zentrale Themen und Erkenntnisse ihres beruflichen Schaffens und Forschens auf.