Warum töten Männer Frauen?
Miriam Suter: Allen Femiziden geht eine gewisse Anspruchshaltung des Mannes gegenüber der Frau voraus. Er hat das Gefühl, die Frau gehöre ihm. Das kommt in romantischen Beziehungen und Familien vor, selten auch in Freundschaften. Keine Rolle spielt dabei, ob sich der Mann die Beziehung einbildet oder nicht. Für die Frauen wird es jeweils gefährlich, wenn sie sich aus diesen Beziehungen lösen wollen.
Lassen sich einheitliche Muster erkennen bei Tätern, die ihre Frauen oder Töchter töten?
Die Täter stammen aus allen Gesellschaftsschichten, Altersgruppen, Berufen und Herkunftsländern. Es sind insgesamt aber Männer, die unter dem patriarchalen Männerbild leiden: «Du musst eine Frau haben und sie ernähren können.» Verliert ein Mann seine Frau, ist er demnach kein «richtiger» Mann mehr.
Was läuft in der Schweiz falsch, dass alle zwei Wochen eine Frau von ihrem Ehemann, Lebensgefährten oder Ex-Partner getötet wird und viele weitere Frauen Opfer von Männergewalt werden?
Ein grosser Faktor ist, dass Gewalt gegen Frauen als Privatsache angesehen wird. Diese falsche Haltung führt dazu, dass Betroffene sich nicht getrauen, über erfahrene Gewalt zu sprechen. Und die Täter lernen, dass sie davonkommen. Auch fängt Gewalt gegen Frauen nicht erst beim Schlagen an, sondern zum Beispiel schon beim sexistischen Witz. Es gibt viele frauenfeindliche Narrative, die sich hartnäckig halten. Dass eine Frau mitschuldig sei, wenn sie vergewaltigt wird, zum Beispiel.