Der wirtschaftliche Aspekt: ein schwieriges Thema. «Vom Verkauf meiner Produkte könnte ich nicht leben», erklärt die Bäuerin. «Wie fast jeder Hof in der Schweiz – insbesondere im Berggebiet – hänge ich am Tropf des Staats.» Direktzahlungen und Ökologiebeiträge sichern das Überleben des Hofs, des letzten Vollerwerbsbetriebs im Dorf. Die Nutzfläche ist mit 36 Hektaren klein und zwischen 850 und 1350 Metern Höhe verzettelt.
Die Landwirtin trägt die finanzielle Verantwortung für Hof und Tiere. Ihr Mann Peter, ebenfalls gelernter Landwirt, hilft bei den Arbeiten, hat sich aber als IT-Fachmann selbstständig gemacht. Sein Lohn fliesst nicht in den Bauernbetrieb. Regula Leutenegger findet, die Politik hätte es durchaus in der Hand, die Landwirtschaft in der Schweiz ökologischer und tierfreundlicher zu machen. Und auch die Konsumentinnen und Konsumenten hätten Einfluss: «Wir müssen alle viel bewusster und weniger Fleisch essen.»
Das Biolabel als Minimum
Bewusst Fleisch zu essen, heisst für Regula Leutenegger mehr, als beim Grossverteiler nach Biofleisch zu greifen. Das ist für sie das Minimum. «Bio garantiert nicht das ultimative Tierwohl.» Wozu rät sie? «Kauft euer Fleisch direkt ab Hof. Unterstützt Betriebe, wo es die Tiere gut haben und ihr das auch mit eigenen Augen sehen könnt.»
Aus Leuteneggers Perspektive geht es Nutztieren dann gut, wenn sie möglichst artgerecht leben können. «Wenn sie entscheiden, wann sie fressen und wo sie liegen. Wenn sie genug Bewegung haben und soziale Kontakte ausleben können.»
Inzwischen scheint die ganze Zebu-Herde ihren Ausführungen zu lauschen. Wie ein aufmerksames Publikum haben sich die Tiere um ihre Besitzerin gruppiert. Dynamit, der Stier, lässt sich von Leutenegger den Hals kraulen, Kalb Carola knabbert an den Schuhbändeln der Besucherin. «Das Schwierigste ist immer, wenn ich entscheiden muss, welches Tier zum Metzger geht und welches weiterleben darf», sagt die Bäuerin. «Das zerreisst mir das Herz.» Und dann, an eines der Zebus gewandt: «Hör nicht zu! Du wirst nicht geschlachtet.»